Offener Brief: Unser Rosenheimer Ku`Ko muss als demokratischer Raum geschützt werden

30.10.2024

(als pdf mit Erstunterzeichner:innen)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Andreas März,

sehr geehrter Herr Florian Englert,

sehr geehrte Aufsichtsratsmitglieder der Veranstaltungs- und Kongress GmbH,

mit großer Sorge schauen wir auf zwei für Anfang November angekündigte Veranstaltungen im Rosenheimer KuKo: Zum einen steht dort Daniele Ganser auf der Bühne, der nach Einschätzung des Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Dr. Ludwig Spaenle „zu den unverbesserlichen Akteuren der verschwörungsideologischen Szene im deutschsprachigen Raum zählt“. Und vor dessen Argumentationsmuster der Tübinger Professor und Experte für Verschwörungstheorien, Michael Butter, warnt: Ganser stellt Suggestivfragen, reißt Zitate und Bildquellen aus dem Zusammenhang und verschweigt alles, was nicht in seine Argumentation passt.

Zum anderen wird der Veranstalter des Ganser-Auftritts – der „Hambacher Kulturförderverein“ – auch am Folgetag aktiv. Der sogenannte Kulturförderverein wird von Erich Hambach geführt – einem seit Jahren in der rechts-esoterischen Szene aktiven Verschwörungsunternehmer. Er pflegt u.a. Verbindungen zu dem Organisator des durch die Correctiv- Recherche aufgeflogenen Potsdamer „Geheimtreffens“. Über seinen Verein und dessen Satzung sagt der Sektenbeauftragten der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Dr. Matthias Pöhlmann, sie scheint „anschlussfähig an alle möglichen Theorien, sogar an die Reichsbürgerinitiative.“

Die Unterzeichner:innen des Briefes finden es unverantwortlich, dass im KuKo – einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Stadt Rosenheim – gefährlichen und antidemokratisch agierenden Demagogen völlig kritiklos und unkommentiert Räume für die Präsentation ihrer Ideologien zur Verfügung gestellt werden. 

„Wir dürfen uns mit dem geplanten Auftritt des Verschwörungstheoretikers Daniele Ganser (…) nicht abfinden“, forderte Dr. Ludwig Spaenle (CSU), der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus schon 2023 anlässlich eines Auftritts Gansers in Nürnberg. Und mahnte: „Auch in einem demokratischen Staat, in dem die Meinungsfreiheit ein hohes Gut darstellt, müssen die demokratischen Räume verteidigt werden.“

Wir, die Unterzeichner:innen aus der Stadtgesellschaft, schließen uns dieser Forderungen des Antisemitismusbeauftragten an und rufen Sie, als Verantwortliche auf, unser städtisches KuKo als demokratischen Raum zu schützen und dort keinen Raum für Verschwörungstheorien zu bieten. Gerade im aktuellen „Demokratiereport Bayern 2024“ zeigt sich, dass für 96 Prozent der Befragten die Demokratie eine hohe persönliche Bedeutung hat und damit auch der Schutz demokratischer Räume. Gleichzeitig sehen 38 Prozent Gefahren für die Demokratie durch Positionen der AfD sowie dem politischen Rechts-Extremismus. Greifen Sie diese Umfrageergebnisse auf und schützen Sie unsere städtischen Räume.

Völlig entsetzt sind wir von der Tatsache, dass diese Veranstaltungen von der Stadt Rosenheim nicht nur toleriert, sondern auf den Internetseiten der Stadt Rosenheim offen beworben wurde.

In der Stadtratssitzung vom 23.10.24 wurde klar, dass das KuKo eine Satzung braucht, mit der demokratiefeindlichen Formaten kein Raum mehr geboten werden muss. Dabei sollte jedoch gleichzeitig gewährleistet sein, dass das KuKo seinen Wert als Ort der Kommunikation und Teilhabe für die gesamte Bevölkerung Rosenheims erhalten kann.

Eine Stadt wie Rosenheim sollte die Demokratie schützen und nicht deren Feinde hofieren, denn unsere demokratischen Grundwerte sind nicht verhandelbar.

Wir, die Unterzeichner:innen, fordern Sie auf:

• die beiden Veranstaltungen des Hambacher Kulturforums abzusagen.

• ermöglichen Sie im KuKo zukünftig kostengünstige Veranstaltungen, mit denen demokratische Prinzipien und Werte befördert und echte Diskurse in unserer Stadtgesellschaft umgesetzt werden.

• statten Sie das KuKo mit einer Satzung aus, die es ihm erlaubt, mit entsprechenden Benutzerordnungen, Hausrecht und Ausschlussklauseln demokratiefeindliche Veranstaltungen abzulehnen. Hierzu gehört auch, von allen Nutzer:innen im Zuge einer Buchung des KuKos eine schriftliche Verpflichtung zu fordern, sich in ihren Veranstaltungen ausschließlich an den Grundsätzen des Grundgesetzes und der Menschenrechte auszurichten und dies im Zweifelsfall selbst nachweisen zu müssen.

Mit freundlichen Grüßen

  • noAfD, Bündnis gegen rechte Hetze Rosenheim
  • Antifaschistische Dirndl
  • attac Rosenheim
  • Bibliothek_A Rosenheim
  • Bündnis gegen Verschwörungsideologien
  • Catcalling Rosenheim
  • DIE LINKE. Rosenheim
  • evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Rosenheim
  • Geschichtswerkstatt Rosenheim
  • Initiative Erinnerungskultur – Stolpersteine für Rosenheim.
  • Initiativkreis Migration Rosenheim
  • Klitoris.on.Tour
  • LGBTQ+ Rosenheim
  • Mut & Courage Bad Aibling e.V.
  • OMAS GEGEN RECHTS Rosenheim
  • SPD Kolbermoor
  • Verdi, Ortsverein Rosenheim

Medieninfo als PDF: https://noafd.rosenheim.social/wp-content/uploads/sites/21/2024/10/PM_offener-Brief.pdf

Veranstaltungshinweis: Vortrag ‚Wahn statt Kritik: Verschörungsideologien und ihre Ursachen‘

Am Sonntag, 03.11.24 | 14:00 Uhr | Vortrag der Journalisten Peter Bierl und Fabian Schmidt: „Wahn statt Kritik: Verschwörungsideologien und ihre Ursachen“ DGB Gewerkschaftshaus Rosenheim, Brixstraße 2

Versammlungshinweis: Kundgebung am 3.11.24, 17:30, vor dem Ku’Ko ‚Haltung zeigen gegen Verschwörungsideologien!‘

Der Initiativkreis Migration empfiehlt diese drei obenstehende Formate: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus (auch mal im Gewand des Antiamerikanismus) widersprechen den Kernwerten des Initiativkreises. Gerade der öffentliche Raum, wie das KuKo, sollte, finanziert durch die gesamte Bevölkerung und errichtet zur Teilhabe der ganzen Bevölkerung, keinen Platz für solch ausgrenzende Formate bieten können, sondern als sogenannter ’stabiler Ort‘ allen dienen und eine Vorbildfunktion für die größere Region anstreben.

Rosenheimer Aufruf zum Zusammenhalt und für Demokratie

Seit Wochen finden deutschlandweit und auch in Rosenheim unangemeldete Demonstrationen unter der trügerischen Bezeichnung „Spaziergänge“ gegen die Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie statt. Von Anfang an fanden sich bei den sogenannten Anti-Corona-Demos antisemitische und geschichtsverfälschende Plakate sowie Angehörige rechtsextremer Parteien. Nahezu täglich ist über eine immer stärkere Radikalisierung der Teilnehmenden zu lesen.
Hier können Sie dagegen Stellung beziehen:
https://weact.campact.de/petitions/rosenheimer-erklarung-aufruf-zum-zusammenhalt-und-fur-demokratie-2

Petition gegen menschenrechtswidrige Abschiebungen nach Afghanistan

Der Initiativkreis Migration Rosenheim unterstützt die aktuelle Online-Petition, die sich gegen die menschenrechtswidrigen Abschiebungen nach Afghanistan richtet (www.change.org/nodeportation) und ruft alle Menschen dazu auf diese zu unterzeichnen!

Zu den Erstunterzeichnern gehören Personen wie die Schauspielerin Senta Berger, der Theologe Dr. Jürgen Micksch, der Musiker Günther Sigl, der Autor und Publizist Terry Swartzberg und der Arzt und Regisseur Prof. Dr. Michael Verhoeven.
Sie alle erklären sich bereit, alles in ihrer Macht stehende zum Schutz der bedrohten afghanischen Flüchtlinge zu tun. Dazu gehören persönliche Appelle an Behörden, Presse, Kirchen, Vereine, Prominente und Politiker in den Kommunen, in den Landtagen und im Bundestag.

Ein aktueller Bericht von UNHCR vom Dezember 2016 hat die Behauptung des Bundesinnenministers endgültig widerlegt, in Afghanistan gebe es sichere Regionen. Im Bericht heißt es:

„Ein pauschalierender Ansatz, der bestimmte Regionen hinsichtlich der Gefahr von Menschenrechtsverletzungen, wie sie für den Flüchtlingsschutz oder den subsidiären Schutz relevant sind, als sichere und zumutbare interne Schutzalternative ansieht, ist nach Auffassung von UNHCR vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in Afghanistan nicht möglich.“

Wir weisen daher die beteiligten Beamten auf ihre Pflicht zur Demonstration hin, wenn von ihnen verlangt wird, menschenrechtswidrige Anweisungen auszuführen oder zu unterstützen.
Den Regierenden in Bund und Ländern geben wir zu bedenken, dass sie keine Wählerstimmen gewinnen, wenn sie sich dem Rechtspopulismus anbiedern. Dessen Anhänger wählen lieber das Original; alle anderen werden von einer menschenfeindlichen Politik abgestoßen.