Redebeitrag zur Kundgebung „Solidarität mit den Menschen in Afghanistan. Luftbrücke jetzt“

Am vergangenen Samstag fand eine Kundgebung unter dem Motto „Solidaritat mit den Menschen in Afghanistan. Luftbrücke jetzt“ am Ludwigsplatz in Rosenheim statt. An dieser nahmen um die 100 Menschen teil.

Der Redebeitrag eines Vertreters des Initiativkreis Migration Rosenheim zur Einnahme Kabuls durch die Taliban findet sich im Folgenden zum nachgelesen:

Hallo zusammen.
Wir sind heute hier zusammengekommen und fordern die rasche Aufnahme von afghanischen
Orstkräften und ihren Familien. Wir wollen aber auch die Aufnahme von Menschenrechtsaktivistinnen und Journalistinnen. Sie haben bereits in den letzten zwanzig Jahren unter Lebensgefahr in Afghanistan gearbeitet und für Gleich- und Freiheit gekämpft.
Doch seit der Einnahme Kabuls durch die Taliban steht nicht nur ihr Leben auf dem Spiel, sondern auch die Zukunft Afghanistans. Auch wenn die Taliban behaupten keine Exekutionen durchzuführen und die Opposition nicht zu verfolgen, wissen wir aus der Vergangenheit zu welchem Verbrechen und Grausamkeiten die Taliban fähig sind. Daher brauchen wir jetzt eine Luftbrücke Afghanistan-Deutschland für die gefährdeten Gruppen.
Wir sind heute auch hier um über das Versagen der internationale Gemeinschaft in Afghanistan zu sprechen. Der Afghanistankrieg hat zahlreiche Leben gekostet und das in erster Linie der Zivilbevölkerung. Es wurden keine Perspektiven für Afghanistan in den letzten 20 Jahren aufgezeigt. Es war nie das Ziel des Einsatzes Afghanistan zu stabilisieren. Es kamen zahlreiche deutsche Soldatinnen und Entwicklungshelferinnen ums Leben und viele sind traumatisiert zurückgekehrt. Auch sie fragen sich, wofür all das?
Warum wurden nicht vor zwanzig Jahren Friedensverhandlungen mit den Taliban
durchgeführt?
Stattdessen haben die Interessen der Außenmächte und die korrupte Regierungen zusammen mit lokalen Kriegsherren ein System des Unrechts geschaffen und die Bevölkerung als Geisel
genommen. Es sind zahlreiche Verbrechen seitens der Regierung, der internationalen Truppen und den Taliban gegen die Zivilbevölkerung dokumentiert. Keiner dieser Verbrechen wurde bis heute gerichtlich verhandelt und die Verbrecher laufen frei rum.
Afghan*innen wurden in Afghanistan Opfer des Krieges und viele, die fliehen mussten, haben den brutalen Grenzregime der Transit- und Aufnahmeländer zu spüren bekommen. Sie mussten und müssen weiterhin in Lagern leben. Viele europäische Länder, darunter auch Deutschland, haben afghanische Geflüchtete abgeschoben. Und das, obwohl in in Afghanistan seit zwanzig Jahren Krieg herrscht.
Auch wenn die Bundesregierung signalisiert afghanische Ortskräfte und weitere gefährdete
Gruppen aufzunehmen, geschieht dies nicht rasch genug. Der Verdacht kommt auf, dass es weiterhin nicht das Ziel ist, die Menschen, denen die Bundeswehr und die deutsche Entwicklungshilfe in den letzten zwanzig Jahre zu Seite standen, zu retten und ihnen eine Perspektive in Frieden hier in Deutschland anzubieten.
Es haben sich zahlreiche Städte und Kommunen in Deutschland als sichere Häfen bereit erklärt sowohl Menschen aus der Seenot als auch afghanische Geflüchtete aufzunehmen. Rosenheim zählt noch nicht dazu. Es wird Zeit, dass sich das ändert. Der Krieg muss beendet werden. Die Abschiebungen müssen aufhören. Und wir brauchen jetzt eine Luftbrücke Afghanistan-Deutschland.

Wahlprüfsteine zum Thema Flucht & Migration

Liebe Wählerinnen und Wähler!

Wenn das Thema Migration und Flüchtlinge für Ihre Wahlentscheidung am 26. September bedeutsam sein kann, sind Sie hier richtig! Wir haben sechs Parteien zu diesem Themenkreis Fragen gestellt und deren Antworten – zur besseren Übersicht in komprimierter Form – nebeneinander geschrieben. Wir haben große Sorgfalt darauf verwandt, die Tatsachenbehauptungen und Lösungsvorschläge aus den Antworten ungefiltert und unkommentiert zu übernehmen, ohne dass unsere eigene Einschätzung zu Wahrheitsgehalt oder Erfolgsaussichten mit einfließt.

Warum uns dies Thema so wichtig scheint:

Weltweit gab es noch nie so viele Geflüchtete wie Ende 2020, über 80 Millionen. Um möglichst wenige davon aufzunehmen, setzt die deutsche so wie die europäische Politik auf Abschottung an der EU-Außengrenze. Viele EU-Staaten halten es für unausweichlich, sich hierfür auch über nationales Recht sowie Völkerrecht hinwegzusetzen: Über die Bayerische Verfassung (Art. 105), unser Grundgesetz (z.B. Art. 19), die verbindliche(!) Flüchtlingsrichtlinie der EU von 2011, die europäische Menschenrechtskonvention (verbietet u.a. Push-Back = meist gewaltsame Zurückweisung von Asylsuchenden vor oder bei Erreichen einer Grenze, ohne Untersuchung, ob sie asylberechtigt sind), die Genfer Flüchtlingskonvention (verbietet u.a. Refoulement = Abschiebung in ein Land, in dem grobe Menschenrechtsverletzungen üblich sind), das Seerechtsabkommen der UN (Seenotrettung ist verpflichtend), u.a..

Unserer Meinung nach ist der Umgang mit den Geflüchteten der Welt ein Lackmus-Test dafür, ob wir es mit unseren Werten ernst meinen: Jeder Flüchtling, ertrunken im Mittelmeer oder verdurstet in der Sahara; jeder Push-Back; jede Waffenlieferung an Kriegswillige z.B. im Jemen – all das sind Bankrotterklärungen der europäischen Flüchtlingspolitik, Sargnägel für die Grundwerte Europas und ein Triumph für deren Kritiker*innen in aller Welt. Der Gipfel des asylpolitischen „Rollbacks“ der letzten Jahre und ein moralischer Dammbruch wäre es, wenn Abschiebungen nach Syrien wieder akzeptiert würden; denn Syrien ist ein vollkommen zerstörtes Land, das weiterhin von dem Diktator regiert wird, vor dem sich die Flüchtlinge in Deutschland in Sicherheit gebracht haben.

Wir haben Rosenheimer Kandidat*innen zur kommenden Bundestagswahl sowie deren Parteien acht Fragen gestellt, die sich auf die Haltung zum Thema Geflüchtete – Asyl – Menschenrechte beziehen. Die Fragen im Wortlaut ebenso wie die Antworten der Parteien finden Sie im Anschluss. Damit wollen wir es Ihnen erleichtern, das genannte Thema für Ihre Wahlentscheidung zu berücksichtigen.